Während des Hochwasserereignis zum Jahreswechsel 2023/2024 kommt in Haren (Ems) zur Sicherung abrutschender Grabenböschungen Geotextil/Vlies zum Einsatz. Bereits nach kurzer Zeit innerhalb weniger Tage sind die Poren des Geotextils verstopft. Es bilden sich deutliche Wasserblasen unter dem Textil und hat nun die gleiche Eigenschaft wie eine wasserdichte Plane.
Das durchsickernde Wasser kann nicht mehr wie gewünscht druckarm abfließen.
So etwas könnte die Standsicherheit eines Deiches gefährden und es zeigt, dass auch nach dem Durchführen einer Sicherungsmaßnahme regelmäßige Kontrollen durchgeführt werden müssen.
Wenn die Gefahr des Zusetzens eines Geotextils besteht, sollte unbedingt auf den Verbau verzichtet werden.
Bei den „Ausflockungen“, die im Wasser ein bizarres Gespinst bilden und sich auf Vlies und Sandsäcken abgelagert haben, könnte es sich um sogenanntes Eisenocker handeln.
Die natürliche Bildung von Eisenocker findet statt, wenn eisenhaltiges Poren- oder Grundwasser mit niedrigem Sauerstoffgehalt zu Tage tritt. Der Luftsauerstoff oxidiert dann das im Wasser gelöst enthaltene Eisen. (Quelle: Eisenocker – Wasserwirtschaftsamt Ansbach (bayern.de))
Informationen, Fotos und Video von Christian Kathmann, THW Meppen
Das jüngste Hochwasserereignis ist nun schon einige Zeit her und hat gezeigt, wie wichtig die kompetente Arbeitsweise der Einsatzkräfte und der weiteren Akteure im Hochwasser ist. Ebenso wichtig ist aber die Nachlese und das daraus resultierende „lessons learned“.
In der nächsten Zeit gibt es einige Veranstaltungen, die spezielle Themen im Hochwasser behandeln.
Der Vortrag diskutiert das Weihnachtshochwasser 2023 aus wasserwirtschaftlicher Sicht mit einem Schwerpunkt auf dem Thema Flussdeiche. Einige Deiche zeigten während des Hochwasserereignisses Schwachstellen, die analysiert wurden.
Im zweiten Teil geht der Vortrag auf die aktuelle Bemessungspraxis von Flussdeichen und die Herausforderungen an künftige Deiche im Klimawandel ein.
Die DWA e.V. bietet mittlerweile regelmäßig unterschiedliche Schulungen und Kurse an – vom geprüften Deichverteidiger bis hin zum Aufbaukurs Deichverteidigung.
Auch das Team von deich-verteidigung ist aktiv an einigen Veranstaltungen beteiligt und stellt Referenten, bzw. Dozenten.
Die Wetterlage in den vergangenen Tagen hat an der deutschen Ostseeküste teils deutliche Spuren hinterlassen: gebrochene Deiche, abgetragene Dünen, weggespülte Sandstrände, gekenterte Boote, abgebrochene Küstenstreifen oder zerstörte Uferpromenaden. Um nur einige markante Auswirkungen zu nennen.
Zingst; abgebrochener Küstenstreifen
Aber was war das Ereignis? Eine Sturmflut? Ein Sturmhochwasser? Oder irgendwie beides?
In den Medien waren stets beide Begriffe zu Lesen und zu Hören. Doch was ist nun richtig? Um es gleich zu Beginn richtig zu stellen: es handelt sich hier um ein Sturmhochwasser. Von einem Sturmhochwasser wird dann gesprochen, wenn langanhaltender auflandiger Wind das Wasser auf die Küsten zutreibt und das Geschehen unbeeinflusst vom Tidenhub, also von Ebbe und Flut ist. In der Hydrologie wird dieser Effekt als Windstau definiert. Windstau kann durch die Gezeiten, hier die einsetzende Flut, überlagert werden. In diesem Falle ist der korrekte Begriff Sturmflut.
Umgangssprachlich wird der Begriff Sturmflut auch für das jetzige Ereignis verwendet. Blickt man in alte Chroniken entlang des Ostseeraumes, ist diese ungenaue Begrifflichkeit weit verbreitet. Schon unsere Vorfahren benutzten den Begriff der Sturmflut. Erinnert sei an dieser Stelle an die Große Sturmflut vom 12./13. November 1872 (Sturmflut_1872.pdf (bsh.de).
Doch wie kommt es zu einem Sturmhochwasser an der Ostsee?
Anders als bei einem Flusshochwasser braucht es hier nicht den Regen, sondern den Wind als steuerndes Medium. Voraussetzung ist zunächst eine ablandige Wetterlage, die das Wasser durch langhaltende und starke Winde aus Richtung Südwest zunächst u.a. von der deutschen Ostseeküste in Richtung Baltikum und finnischen Meerbusen drückt. Dadurch strömt nun mehr durch die Belte und Sund für einen längeren Zeitraum Wasser aus der Nordsee in die Ostsee. Mit der Bezeichnung Belte und Sund ist das Seegebiet der drei Meeresstraßen zwischen Dänemark und Schweden gemeint, die das Binnenmeer Ostsee mit dem Kattegat, einer Bucht der Nordsee verbindet.
Dreht nun innerhalb weniger Tage die Windrichtung mit Sturm auf Nord bis Ost (um zirka 180°) wird das aufgestaute Wasser nun mehr aus dem östlichen Teil der Ostsee in den westlichen Teil der Ostsee zurückgedrückt. Der hier entstehende Effekt wird auch als „Badewanneneffekt“ bezeichnet. Das nun mehr zurückdrückende Wasser kann durch die engen Meeresstraßen der Belte und Sund nicht so schnell in die Nordsee zurückfließen und es entsteht ein Hochwasser, u.a. an der deutschen Ostseeküste. Zunehmender Wind z.B. mit orkanartigen Böen oder Orkan kann den Effekt des Hochwassers an der westlichen Ostseeküste zusätzlich verstärken.
Vorhersage vs. Realität?
Zuständig für die Vorhersagen in Bezug auf eine Sturmhochwasserlage an der deutschen Ostsee ist das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie – kurz BSH (BSH – Startseite). Zu Beginn der sich abzeichnenden Wetterlage gab es im Laufe des 18. Oktober 2023 eine in den Medien mit Bezug auf das BSH veröffentlichte Warnung von einem leichten bis mittleren Sturmhochwasser.
Vorhergesagt waren ab Donnerstagnachmittag Wasserstände in der Kieler und Lübecker Bucht von 1,30 bis 1,50 Meter über dem mittleren Wasserstand, westlich und östlich von Rügen von 1,10 Meter über Normalmittelwasser (NMW). Der Höhepunkt des Hochwassers wurde dann in der Nacht vom Freitag aus Samstag erreicht. Zu diesem Zeitpunkt waren die Warnungen des BSH bereits deutlich verschärft wurden hin zu einem schweren Sturmhochwasser mit Schwerpunkt der Kieler und Lübecker Bucht. In Flensburg lag der Scheitel bei 2,30 Meter über dem mittleren Wasserstand.
Vergleicht man das Ereignis mit zurückliegenden Ereignissen wird deutlich, dass sich ein Küstenhochwasser nicht so präzise prognostizieren lässt, wie man es mitunter von Fließgewässern im Binnenland gewohnt ist. In der Regel werden die Warnungen mit einer Vorlaufzeit von 24 Stunden (+/-) herausgegeben.
Mit welchen Unwägbarkeiten zu rechnen ist zeigte sich am 30./31. Januar 2022. Hier sorgte zunächst Wind aus West für Niedrigwasser an der westlichen Ostseeküste, ehe der Wind in der östlichen und nördlichen Ostsee um 180° Grad drehte und das Wasser nun zurückdrückte (Badewanneneffekt). Obwohl der Wind an der deutschen Ostseeküste bereits am 30. Januar 2022 stark nachließ, entwickelten sich die Wasserstände zu einem mittelschweren Hochwasser.
Der Grund hierfür war, dass sich im zentralen Raum der Ostsee ein Sturmtief zu einem Orkantief vertiefte und das Wasser stärker als erwartet auf die westliche Ostseeküste drückte.
Anders dagegen am 14./15. Oktober 2009. Hier lagen die Wasserstände im Bereich der Vorhersage, allerdings verschoben sich die Höchstwasserstände deutlich nach hinten. Hintergrund war hier, dass sich zwischenzeitlich der Wind abschwächte, dann aber lang anhaltend auflandig auf die Küste drückte, so dass viele Pegel eine Dauer von mehr als 12 Stunden von Wasserständen größer als 1 Meter über den mittleren Wasserstand aufwiesen.
Beispiel Hochwasser am 12. Februar 2011. Die Grafik zeigt mit den grünen und blauen Kurven die Ergebnisse des deutschen und schwedischen Wasserstandsvorhersagemodells. Die rote Kurve stellt die beobachteten Werte dar. Die Modellvorhersagen errechneten Hochwasserwerte bis zu einem Meter über dem mittleren Wasserstand (Quelle: BSH; sturmflut_ostsee_2010_02_12 (bsh.de)). Im Ergebnis überstiegen die Pegel im deutschen Ostseeraum die Prognosen zum Teil deutlich. Hintergrund war, dass zum Zeitpunkt des Beginns des Hochwassers von Seiten des Deutschen Wetterdienstes Windstärken aus Nord um 5 Beaufort (Bft.) berechnet waren. Tatsächlich lag zu Ereignisbeginn bereits ein Nordwind von 7 Bft an und ließ das Wasser an der Küste schneller und höher steigen als erwartet.
Und am 20./21. Oktober 2023?
Mit Spannung werden wir den Bericht des BSH erwarten und auch an dieser Stelle darüber berichten. Aus Berichten von Augenzeugen, vornehmlich des Katastrophenschutzes ist zu entnehmen, dass das Hochwasser schneller und höher auflief und zu größeren Schäden führte als erwartet.
Betrachtet man die Einflussfaktoren für die Entwicklung einer Sturmhochwasserlage, wie sie eingangs beschrieben wurden, dann zeichnen sich recht deutlich die Unwägbarkeiten ab, die mit einer gesicherten Prognose verbunden sind. Und dann ist da immer noch die Gretchen-Frage: wieviel und wie stark soll gewarnt werden. Damit die Warnung immer noch als Warnung verstanden wird.
GEWÄSSERFORUM IN HANNOVER RÜCKT DIE VORSORGE FÜR EXTREMEREIGNISSE IN DEN FOKUS
Bildrecht: NLWKN
Am 20. April fand das diesjährige Gewässerforum des NLWKN (Niedersächsisches Landesamt für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz) in Hannover statt. Auch deich-verteidigung war dabei und konnte während zahlreichen Vorträgen den Wissensstand aktualisieren.
Heute vor 50 Jahren wurde das Eidersperrwerk eingeweiht. Seitdem schützt es das Gebiet um die Eider in Schleswig-Holstein vor den Sturmfluten der Nordsee und ist bis heute das größte Küstenschutzbauwerk Europas.
Die aktuelle Wetterlage verspricht in den kommenden Tagen Spannung im Hinblick einer sich daraus entwickelnden Hochwasserlage. Die Niederschläge der vergangenen Wochen haben dazu beigetragen, dass auf den aktuellen Karten des DWD (v. 09.01.2023) die Bodenfeuchte für schwere und leichte Böden nahezu flächendeckend in Deutschland mit 100% der nutzbaren Feldkapazität angegeben wird.
Ausnahme bilden weite Teile Ostdeutschlands vorrangig in Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg.
Mit einer Bodenfeuchte von 100% und darüber hinaus, wie einige Stationsdaten aus Baden-Württemberg zeigen, sind die Böden bereits sehr feucht und je feuchter, desto weniger können die Böden an zusätzlichen Niederschlägen aufnehmen.
Mit einer anhaltenden Westwetterlage werden in den kommenden Tagen jedoch weitere Niederschläge Deutschland erreichen.
Auf den aktuellen Karten von @Kachelmannwetter (v. 09.01.2023) werden bis Montag, den 19.01.2023, vorrangig in den Weststaulagen der Mittelgebirge im Süden und Westen Deutschlands Regenmengen von 50 bis über 100 Liter pro Quadratmeter erwartet.
Quelle: Kachelmannwetter
Weiterhin betroffen sind Luxemburg und West-Frankreich.
Damit wird die Hochwasserlage steigen.
Das verdeutlicht auch die 14-Tage-Wasserstandsvorhersage (v. 09.01.2023) für ausgewählte Rheinpegeln (Quelle www.elwis.de). So wird für die Rheinpegel Koblenz und Köln mit einem Hochwasser gerechnet, auch wenn das Überschreiten kritischer Hochwassermarken als gering eingeschätzt wird.
Gerade für kleinere Flussläufe sollte sich aber auf eine Hochwasserlage eingestellt werden. Denn auch hier zeigen viele Daten an den Pegeln, dass sich die Abflüsse bereits im Mittelwasser oder darüber bewegen.
Doch sollte keine Panik entstehen, ob sich aus der aktuellen Wetterlage bereits eine kritische Hochwasserlagen entwickelt, bleibt abzuwarten.
Wie viele Sandsäcke brauche ich für eine Quellkade?
Im Hochwassereinsatz kommen viele Fragen auf.
Ohne eine adäquate Ausbildung stößt man schnell an seine Grenzen, wenn die notwendigen Maßnahmen nicht sogar zum Scheitern verurteilt sind.
Letzte Woche nutzten 19 Menschen aus der Wasserwirtschaft, von Behörden oder Kommunen die Möglichkeit, sich zum „geprüften Deichverteidiger“ weiterzubilden.
Die Deutsche Vereinigung für Wasser, Abwasser und Abfall e.V. (DWA e.V.), der Fachverband für Wasserwirtschaft, bietet seit Jahren Schulungen in der Deichverteidigung an. Seit letztem Jahr werden diese Schulungen durch einen Aufbaukurs ergänzt.
Nächstes Jahr findet dieser Aufbaukurs erstmals als Prüfungsseminar statt, das als „geprüfter Berater operativer Hochwasserschutz“ abgeschlossen werden kann.
Auch deich-verteidigung ist an diesen Angeboten in Duisburg beteiligt.
Um möglichst schnell effektive Hilfe leisten zu können, ist eine gute Erkundung die Basis für fundierte Entscheidungen. In großen Lagen sind die unterschiedlichen Akteure auf eine enge Zusammenarbeit angewiesen. Dabei kann es entscheidend sein, sich breites Fachwissen geballt zusammenzuholen.
In der jüngsten Ausgabe der Fachzeitschrift IM EINSATZ des S+K-Verlages ist ein Artikel zum Thema „Effektive Maßnahmenplanung durch strukturierte Erkundung“ erschienen.
Vergangenes Wochenende waren wir zu Gast beim Deichverband Dormagen-Zons.
Hier hielten wir eine umfangreiche Schulung für die Deichläufer ab, die gemäß Hochwassereinsatzplan ab bestimmten, festgeschriebenen Hochwasserständen den Deich begehen, um eventuelle Schäden frühzeitig zu entdecken.
Foto: Erik Heinen/ Deichverband Dormagen-Zons
Die Teilnehmer wurden unter anderem in Maßnahmen der Deichverteidigung geschult, Aufgaben und Ausstattung der Deichläufer wurden ebenso thematisiert wie das Erkennen und Bewerten von Schäden am Deich.
Das erlernte Wissen haben die Teilnehmer anschließend in Planspielen sowie bei einer Praxisübung erprobt.